DAS F3E-RELAIS
oder: "KANN
MIR JEMAND SAGEN, WIE ICH RUEBERKOMME?"
Von Hans-Heinrich Pardey, DG9FDN
Teil
1
Nur wenige
Fragen des Prüfungskataloges bereiten den werdenden Funkamateur auf
die in der Folge für viele -zumindest zeitweilig- vorrangige, weil
mit einfachsten Mitteln zu realisierende Betriebsart hin:
F3E über
eine Relaisfunkstelle.
Viel mehr
als die Erfordernis einer Betriebsgenehmigung und die dringende Empfehlung,
Durchgänge kurz zu gestalten, fragt die Prüfung nicht ab.
Dem entspricht,
dass anders als bei vielen anderen Biotopen und gesellschaftlichen Räumen
von der Wissenschaft bislang noch kaum die Population untersucht wurde.
Gegenstand
der folgenden, auf umfangreicher Feldforschung im 2-Meter- und 70-Zentimeter-Band
beruhenden Arbeit ist eine erste Einordnung in das Artensystem. Sie kann
Vollständigkeit nicht beanspruchen, bemüht sich
aber, angemessen
den Artenreichtum zu differenzieren.
Der gewöhnliche
Relaisbenutzer (OM vulgaris)
Er ist so,
wie er ist: Meistens männlich (nach der DARC-Statistik zu etwa 94%)
und mehrheitlich entweder recht jung oder irgendwo in den höheren
Regionen der Alterspyramide beheimatet.
Mit einer
gewissen Regelmässigkeit, wie sie allen reviertreuen Arten eigen ist,
erscheint der OM vulgaris zu vorher- sagbaren Zeiten auf seiner Standbein-Frequenz.
Das gleichzeitige Eintreffen (oder der habituelle Aufenthalt, sei es zu
bestimmten Zeiten oder dauernd) mehrerer Benutzer wird als Runde bezeichnet.
Diese kann
ebenso zufälligen wie rituellen Charakter haben und ist Gelegenheit
dazu, daß der gewöhnliche oder gemeine Relaisbenutzer sich die
Verhaltensweisen anderer Arten zu eigen macht -etwa sich als Palaverer
(s. u.) - entpuppt.
Der Routinier
(OM polytropos)
Er wird zuverlässig
daran erkannt, daß lange Übung ihn dazu befähigt, sein
eigenes Rufzeichen wie auch jedes andere als nur eine Nanosekunde lange,
das Band belegende Lautfolge auszusprechen.
Das man ihn
nicht versteht, ist ihm wurscht, solange man ihn nicht für einen Anfänger
hält.
Ähnlich
flotten Umgang pflegt der Routinier mit dem Buchstabieralphabet,wenn er
-grundsätzlich- seinen Namen Meikalfaiksreh buchstabiert.
Ausgiebig
macht der Routinier von Q-Gruppen und sonstigen Kürzeln Gebrauch:
So sagt er zum Beispiel niemals Tschüss, sondern stets "awedeha".
Typisch für ihn ist, daß er auch ein Nachbarschafts-QSO über
den Ortsrepeater von Stolldorf an der Wümme mit der Eile abwickelt,
die einer Contest-Verbindung angemessen wäre:
Keiner drückt
kürzer, schneller sowieso nicht.
Eine besondere
Unterart des Routiniers ist der frisch Lizensierte: Er erscheint nur auf
dem Relais, um einen anderen Deltahotel zu rufen, diesem zu versichern,
daß er nur noch "auf der kurzen Welle" zugange sei und ihn auf eine
Nahbereichsfrequenz des 10-Meter-Bandes zu locken.
Der Novize
(OM novus)
In manchem
der genaue Widerpart des Routiniers, fällt der Neue vor allem dadurch
auf, dass er mit unnatürlich starker Betonung und stark reduziertem
Tempo den eingebläuten QSO-Text wie der Hauptdarsteller einer Hamlet-
Schilleraufführung
spricht.
Weicht die
Gegenstation von beliebten Wendungen wie "Vielen Dank, lieber OM, für
das Zurückkommen auf meinen Ruf, der Name hier ist Hans. Hans ist
der Name..." etc. ab, neigt der OM novus zu Panikreaktionen.
Von formlos-abrupter
Beendigung des Funkkontaktes bis zum Vergessen des eigenen Rufzeichens
und gebetsmüh- lenartigem Weiterleiern von Versatzstücken ohne
Beziehung zu Äusserungen des Gegenübers ist dann alles drin.
Mit individuell
verschiedener Geschwindigkeit wandelt sich der Novize meist zum gewöhnlichen
Relaisbenutzer, als dessen Larvenstadium er angesehen werden kann.
Der Passant
(OM zappens)
Ihn interessiert
nur, wie er rüberkommt. Aus unerklärlichen Gründen erscheint
er jedoch nie, auch wenn man ihm genau erklärt, wo er lang gehen muß,
um rüberzukommen. Ein flüchtiges Phänomen: Kaum da, schon
wieder weg.
Der einsame
Rufer (OM clamens)
Er ruft CQ.
Immer wieder, unverdrossen. Sonst weiss man eigentlich nichts von ihm.
Niemand hat
ihm je geantwortet.
Der Langstreckler
(OM DX)
Wird manchmal
mit dem Passant verwechselt, ist aber nicht so hektisch. Ruft aus der Ferne
meistens nicht CQ, sondern gezielt nach Stationen, die er gehört hat.
Sein Signal
trifft leicht angerauscht ein und er will -lästig, höchst lästig
für das ortsansässige OM-Kränzchen- mit allen Menüpunkten
eine Amateurfunkverbindung abwickeln.
Nicht genug,
daß er einen Rapport gibt und den Locator hören will, er sammelt
auch noch DOK`s für DLD und nervt erheblich durch das unaufgeforderte
Versprechen, seine Karte schon ausgeschrieben zu haben:
Schließlich
sind etwa 60% der gewöhnlichen Relaisbenutzer entweder gerade umgezogen
oder haben das Ruf- zeichen gewechselt, momentan jedenfalls nichts Passendes
vorrätig - und was es dauert, bis die Kartendrucker liefern, das weiss
man ja.
Der Zwischenrufer
(OM qrx)
Nicht zu verwechseln
mit dem einsamen Rufer, für den der unaufgeregte CQ-Ruf mit leicht
resigniertem Unterton charakteristisch ist.
Der Zwischenrufer
hingegen ruft grundsätzlich nur, wenn das Relais belegt ist und dann
meist ein oder eine Serie seines "QRX mal". Was dann passiert, hängt
ganz davon ab, wer das Relais gerade benutzt: Während der gemeine
Relaisbenutzer mit einem "Bitteschön" dem Zwischenrufer freie
Bahn gibt zu einem Anruf, auf den meist keine Antwort erfolgt, setzt der
Palaverer (s. u.) mit einem "QRX gehört" ungerührt
die Schilderung der mißglückten Ananas-Sahne-Torte auf der Hochzeit
seines Schwagers fort.
Die Relais-Wacht
(s. u.) hingegen weist den Zwischenrufer ausgiebig darauf hin, wo man sich
hinsichtlich der Bedeutung der Q-Gruppen schlau machen könne, um dann
aus erzieherischen Gründen "ohne Umlötpause" mit
einer dritten
Station darüber zu lamentieren, daß immer mehr Lizenzen in der
Lotterie gewonnen werden.
Der Notrufer
(OM clamans ex miseria)
Die Art des
Rufes verschafft ihm sogleich Gehör -häufig aber trotz eben noch
stark belegten Umsetzers keineswegs stets eine Antwort.
Er steht beispielsweise
"an der Autobahn nach Wiesbaden, hinter einem Parkplatz" und versucht seinen
Standort durch eine eingehende Landschaftsschilderung und sein Problem
durch eine verbal vorgetragene Explosionszeich- nung eines Nissan-Dieselmotors
zu verdeutlichen.
Wird sein
Ruf durch einen mit Karte, Telefon und den wichtigsten Nummern ausgestatteten
OM aufgenommen, der zudem das "Fünf-W-Schema" (Wann, wo, was, wie,
wer?) beherrscht, entwickeln sich manchmal Dialoge von tragi-
scher Grösse.
Der Nothelfer
(OM adiuvans)
Im Volksmund
Kummerkasten genannt, ist er keinesfalls ein Notfunk-Profi, sondern vielmehr
ein Meister der non-direktiven Gesprächsführung.
Jeder kann
sich bei ihm ausheulen, weil der Hund krank ist, das Netzteil abrauchte,
der fünfte Anlauf zur CW-Prü- fung morgen früh ansteht oder
die DV-AFuG neu gefaßt wird - jeder wird sich verstanden fühlen,
weil die trösten- den Beiträge des Nothelfers so unverbindlich
allgemeingültig sind wie Kalendersprüche.
Als Kummerkasten
in besonderem Einsatz wickelt er ausdrückliche Notrufe gelegentlich
mit den allerbesten Absichten und hilfloser Umständlichkeit ab - weniger
Katastrophenfunk als Funkerkatastrophe.
Der Mobilist
(OM mobilis)
Er ist immer
unterwegs und führt ein hartes Leben: Servicetechniker für gewerblich
genutzte Kühltruhen ist ja an und für sich ein Schicksal, aber
bei den heutigen Verkehrsverhältnissen ist es einfach eine Katastrophe.
An dieser
läßt einen der Mobilist während er üblichen Geschäftszeiten
hautnah teilnehmen: Kein Beinahe-Crash,
kein Stau
und keine Umleitung, die er uns nicht mitteilen würde.
Daher ist
der Mobilist bedingt als Verkehrsfunkersatz brauchbar; leider kann er nicht
immer da im Stau stehen, wo wir gerade lang wollen. Seine Magenschmerzen
bereitende Schilderung der vierten lauwarmen Currywurst in dieser Woche
vertreibt zuverlässig jedes Hungergefühl zwischen Kantinenbesuch
und Feierabend.
Der Portable
(OM omnia sua secum portans)
Von ihm geht
die Sage, er sei zu geizig, sich ein Logbuch zu kaufen. Anderen Darstellungen
zufolge wird er jedes Mal, wenn er funken will, von seiner Frau mit dem
Hund Gassi geschickt.
Auf alle Fälle
existiert der echte Portable nur als Strich-P, wobei er sich vom lediglich
gelegentlich Portablen mit
den für
ihn charakteristischen Feldstärkeschwankungen durch ein glockenreines
Signal völlig gleichmässig grosser Stärke unterscheidet.
Wie er das mit halbleerem Akku und Gummischniepel erzeugt, bleibt sein
Geheimnis.
Die Relaiswacht
(OM vigilans)
Er hat als
Frührentner viel Zeit, er ist immer QRV und betrachtet das Relais
daher, wenn nicht schon als sein persönliches Eigentum, so doch als
seinen Verantwortungsbereich.
Diesen hält
er mit der Mentalität eines Blockwarts in Ordnung. Natürliche
Feinde der Relaiswacht sind Zweitträger von Rufzeichen, Piraten und
OMs mit laxer Betriebstechnik und/oder technischen Problemen.
Die ersten
werden scharfen Verhören unterzogen, wieso sie eigentlich mit DIESEM
Rufzeichen in der Luft seien.
Wer den Verdacht
der Relaiswacht nicht durch eine einigermassen plausible Geschichte -am
besten Verlesung des beglaubigten Totenscheins und eingehender Schilderung,
wann, wo und durch welche unglücklichen Umstände
man zu DIESEM
Rufzeichen gelangt sei- entkräften kann, wandert automatisch in Kategorie
zwei.
Enttarnte
Piraten werden unerbittlich weggebissen, wobei der Wächter Verbalinjurien
und Wattzahl geschickt zu verbinden weiss. Relaiswächter, die noch
lernen, erkennt man daran, dass sie umständlich mit dem Funkkontroll-
Messdienst drohen.
Häufig
verfügt die Relaiswacht über das absolute Gehör:mit dessen
Hilfe unterscheidet der Wächter unfehlbar offene Sprache von Ärgerlichkeiten
wie in Farsi oder texanischem Englisch geführten Gesprächen,
um die entsprechenden Verweise dann in seinem Heimatdialekt auszusprechen.
Mit ihrem
feinen Ohr bestimmt die Relaiswacht den Rauschanteil ferner Stationen mit
auf 2 Stellen nach dem Komma
exakten Prozentwerten.
Auch ein defektes
Gerät erkennt der Wächter sofort: Kaputt sind grundsätzlich
alle Geräte, die ein weniger
brüllend
lautes Signal produzieren als der Wächter selbst oder von einem Hersteller
stammen bzw. bei einem
Händler
erworben wurden, mit dem die Relaiswacht schlechte Erfahrungen gemacht
hat.
Während
sich diese technisch bedingten Übertretungen der Relais-Ordnung durch
einfaches Wegwerfen beheben lassen, erfordern klar formulierte Gebote wie
Rufzeichen-Nennung nimmermüden Einsatz:
Wenn in ein
gemütliches Gespräch in scharfem Tonfall:
"Habt ihr
eigentlich kein Rufzeichen, hier ist DL-Brabbelbrabbel!" tönt
- das war der Wächter, allzeit im Dienst.
Die Personal-Union
von Relais-Verantwortlichem und Relaiswacht ist zwar möglich, keineswegs
aber die Regel.
Der Techniker
(OM artifex)
Leider hat
er eine Vox-Schaltung und einen Basteltisch, aber weder Weib noch Kind.
Vorbildlich
beschränkt der Techniker darum das Thema seiner Aussendungen "auf
Mitteilungen über die Versuche selbst". Besonders beliebt sind seine
spannenden Operationen am offenen Herzen von Netzteilen, bei denen der
Zuhörer jedes Durchkneifen eines Drahtes und jede Lötstelle live
miterlebt.
Schliesslich
spielt sich das alles in Realzeit ab. Wenn wir dann hören: "So, jetzt
schraube ich die zweite Gehäuse- schraube ein, sitzt, und nun noch
die dritte und die...", freuen wir uns schon aufs nächste Mal.
Spielarten
des OM artifex sind der Bastler, der sich nach der Verpuppung, während
meist wenig von ihm zu hören ist, in einen OM probans verwandelt,
sowie der OM digitalis.
Der Tester
(OM probans)
Er ist die
verschärfte Form des Technikers und kommt wie Gott Jahwe mit Brausen
daher.
Oder mit einem
heulenden Pfeifen oder nur mit einem stummen Träger oder einem so
gescrambelten Nutzsignal, dass sich Mobilfunk-Kryptologen sämtliche
10 Finger danach lecken würden.
Identifizieren
kann man den Tester nur an der Antwort des Langmütigen, dieses einen
wahren Freundes,
den jeder
Tester braucht und hat: "Henning, wenn Du das warst, das war mal wieder
nix."
Der Packet-Spezialist
(OM digitalis)
Ist die Kreuzung
aus Kummerkasten und Techniker: Er hat das Händchen für Computer
und sämtliche bei SP einstellbaren Parameter im Kopf. Infolge solcher
Talente klebt das Rufzeichen eines OM digitalis an etwa 70% aller für
Amateurfunkzwecke eingesetzten Rechner.
Grob unterteilbar
in Apfelbutzen, Atarianer, MS-Dose, Amiga-Fetischist und Ewig-Gestriger
(auch Commo-sixty-
four genannt).
Die ”kumenische
Variante ist Mitglied mehrerer Betriebs-Systems-Glaubensgemeinschaften
- zumindest gewesen.
Abgesehen
von der Bekehrung der Zögernden zu OS-Halbe, grösseren Festplatten
und schneller getakteten Prozessoren erteilt der OM digitalis vor allem
zwei Arten von Ratschlägen: Binsenwahrheiten wie "Vor den Booten muss
das Netzteil eingeschaltet werden" und pythische Orakel über den Interrupt
21h: Bekanntlich nährt den Ruhm eines Computerfachmanns nichts so
sehr wie Ratschläge, mit denen die Beratenen nichts anfangen können.
(Einige der
Begriffe sind eingetragene Warenzeichen von IBM, Microsoft, Sigi
Kluger und Meister Kistenmacher.)
Die Hartgesottene
(YL dura)
Sie hat sich
damit abgefunden, dass sie sich in einer Männergesellschaft bewegt.
Daher ihr Entschluss, der
stärkste
Mann auf dem Relais zu sein. Nach einhelligem Urteil ist ihr das gelungen.
Die YL dura ähnelt ihrer
Betriebstechnik
nach am meisten dem Routinier.
Die Sirene
(YL improba siren)
Sie mußte
sich nicht sonderlich damit abfinden, daß sie sich als reizvolle
Ausnahme in einer Männergesellschaft bewegt. Da sie weiß, was
Männer wünschen, lockert sie Runden, die in der Langweiligkeit
der Digitaltechnik zu versanden drohen, durch triggernde Themen wie etwa
Vor- und Nachteile bestimmter Duftwässer auf.
Ob sie munter
über Kinn-, Schnurr- und Backenbärte, das Idealgewicht des Mannes
oder Haare auf der Brust plaudert, als Entertainerin lebt sie von der beziehungsreichen
Anspielung im Geschlechterkampf.
Die lizensierte
Gattin (YL uxor licentiata)
Sie hat die
Lizenz machen müssen, weil "der Meinige", so nennt sie ihn, ihr auf
diesem dornenreichen Pfad vorangeschritten ist. Das läßt sie
den Ihrigen und alle Welt bei jedem Funkkontakt entgelten.
Die echte
YL (YL purissima)
Sie funkt seit
1951, hat 3 B-Lizensierte in die Welt gesetzt und 7 Enkeln die offene Lecherleitung
gepaukt.
Sie ist YL
mehr aus Berufung als von Natur. Als solche ist sie, wenn sie nicht in
exzellenter Betriebstechnik funkt, mit der Organisation von YL-Treffen,
dem Häkeln von geschmackvollen Kissenüberzügen für
den nächsten YL-Basar oder Kuchenbacken für den traditionellen
Altennachmittag ihres Ortsvereins beschäftigt.
Ihr einziges
Laster ausser ihrer mit fanatischem Einsatz betriebenen DIG-Mitgliedschaft:
Sie versteht sich als Public-Relations-Managerin einer Minderheit und muss
einen stets aufs neue darüber aufklären, daß es YL`s gibt.
Der Palaverer
(OM sermunculus)
Statistisch
gesehen die häufigste Erscheinungsform des Relaisbenutzers, einfach
weil, wenn er mal da ist, bleibt
er auch: Er
ist nun mal nicht kurz da.
Der Palaverer
braucht nichts so wenig wie ein Thema. Was der Routinier mit einem "now
QRU" erledigt, gerät ihm
zu einem Viertelstunden-Durchgang.
Berüchtigt
ist das Geschick, mit dem der Palaverer durch millisekundenkurzes Wegnehmen
des Trägers die "Quasselsperre" des Umsetzers mitten im Satz unterläuft,
um ohne Punkt und Komma weiterzureden.
Gute Palaverer
ersetzen mühelos das Frühstücksfernsehen und die Lektüre
einer regionalen Morgenzeitung, Spitzenleute bieten Monologe, die von Beckett
sein könnten.
Die Bake
(OM nuntius)
Er meldet,
daß er da ist, sonst nichts. Gezielte Anrufe bleiben unbeantwortet
und vergrämen ihn.
Die Bake wandelt
sich dann zum Zuhörer.
Die OV-Telefonzentrale
(OM OV-OVSt)
Die Telefonzentrale
ist eine besondere Form der Relaiswacht: immer da und zwar auf mehreren
Relais und Bändern, also stets erreichbar und mithörend, 24 Stunden
am Tag darüber orientiert, wer sich wann und wo gemeldet hat.
Unaufgefordert
verhilft er jedem Rufer zur gewünschten Verbindung, falls überhaupt
möglich.
Die Telefonzentrale
führt Register über urlaubsbedingte Abwesenheit und Abgänge
durch Todesfall, weiss, wer krank ist, heute Geburtstag hat, seit viereinhalb
Wochen nichts mehr hat hören lassen oder die Lizenz abgeben musste.
Der OM OVSt kennt alle Rufzeichen, wenn nicht dieser Welt, dann doch die
von Schaumburg-Lippe beispielsweise, und ist unentbehrlich, wenn es gilt,
Differentialdiagnosen zwischen dem "9ABC-Michael", dem
"7XY-Michael"
und dem "4ZAB-Michael" zu stellen.
Der Zuhörer
(OM SWL)
Weil er stumm
ist, bleibt er unsichtbar. Es spricht für den Ham-Spirit, wenn er
im Abschluss-Segen eines Rundspruchs gleich nach den Kranken, Waisen und
Witwen erwähnt wird. Viele Baken werden Zuhörer.
Der geheimnisvolle
Relais-Auftaster (OM 1750Hz)
Er ist von
der komplizierten Bedienung moderner japanischer FM-Geräte völlig
Überfordert.
Die einzige
Taste, die er bislang gefunden hat (und leider immer wieder findet), ist
der Rufton.
Wird wie eine
Motte vom Licht durch Relais mit Roger-Piep angezogen; die durchschnittliche
Frequenz süchtiger Auftaster liegt bei 360 bpm (beeps per minute).
Der Pirat
(Pirata piraticus)
Er entzieht
sich der Klassifikation, denn er gehört nicht dazu, er ist sehr wohl,
obwohl er nicht sein darf.
Berühmt
ist seine Mimikri: Nimmt durch nicht ungeschickte Wahl von Phantasie-Rufzeichen
die Erscheinung des OM vulgaris an, äußert sich häufig
und anhaltend ähnlich wie OM 1750Hz oder OM probans.
Der einfach
strukturierte Pirat beschränkt sich auf Rülpser oder unflätige
Zwischenrufe.
Umstritten
ist, ob es sinnvoll sein kann, diese Unart genauer zu klassifizieren -
etwa den Flüsterer von der Jukebox oder den Trägerdrücker
in den gemeinen Störer mit und ohne Lizenz, den Hirnamputierten und
den Alkoholiker etc. zu unterscheiden.
Nein, Existenz
und Treiben des Piraten veranlasst uns nur zu einem Satz: Omas, schenkt
euren Enkeln keine Funkgeräte! |