Information


Uns wurde eine eMail zugesandt, in der sich Karl Fischer, DJ5IL, erneut mit der PLC-Problematik und Auswirkungen von EU-Verordnungen zu Folgen von PLC für den Amateurfunkdienst und Kurzwellenempfang beschäftigt.
Vorhergehende Veröffentlichungen von DJ5IL zu PLC sind bei QSLonline unter dem Suchwort DJ5IL zu finden.

----- Original Message -----
Sent: Saturday, April 19, 2014 3:10 PM
Subject: PLC Petition

Hallo zusammen,
zuerst eine Klarstellung: Ich gehöre nicht zu den Initiatoren dieser Petition in OE, welche auf meinen offenen Brief Bezug nimmt, und finde sie ehrlich gesagt wenig substanziell und hilfreich - Deshalb habe ich sie auch nicht unterschrieben.
 
Ich möchte die weiter unten nach meinem PLC-Cartoon http://cq-cq.eu/DJ5IL_PLC_Cartoon_s.jpg angefügte Email von Thilo Kootz (DL9KCE) an Mike Zwingl (OE3MZC) kommentieren, die an mich zur Information weitergeleitet wurde ...
Red. QSLonline: Diesen privaten eMail-Verkehr können wir hier nicht veröffentlichen...
 
Es ist für mich als passionierten Funkamateur und Rundfunkhörer wirklich unerträglich, dass Thilo Kootz im Namen der "Verbandsbetreuung des DARC" und noch dazu als Dipl.-Phys. solch eine haarsträubend ignorante Aussage von sich gibt, die sehr gut von einem PLC-Lobbyisten stammen könnte:
"Eigentlich kann man aber PLC für so ein schlechtes Design der Netzteile nicht die Schuld in die Schuhe schieben."
Er könnte genau so gut sagen, man kann TEPCO - dem Betreiber des AKW Fukushima - nicht die Schuld für das Erdbeben und den Tsunami in die Schuhe schieben. Stimmt !
Aber diese Aussage beweist eine beängstigende Ignoranz gegenüber dem eigentlichen Problem - denn TEPCO ist sehr wohl an dem Unglück schuld, und zwar weil sie in grob fahrlässiger Weise ein für diese gefährdete Region völlig ungeeignetes AKW betrieben hat ...
 
Nicht etwa weil PLC-Modems als solche ungeeignet wären, sondern eben weil das Niederspannungsnetz unsymmetrisch ist, eine undefinierte und variable Impedanz aufweist und alle nur denkbaren Varianten von Schweinekram daran angeschlossen sind, ist es als Netzwerk für hohe Datenraten ungeeignet - und genau deshalb ist Breitband-PLC eine untaugliche Technologie !
 
PLC hat bisher notorisch die Grenzwerte der EN 55022 um ca. 20 bis 30 dB (in krassen Fällen noch mehr) überschritten, was in der Nachbarschaft einer PLC-Installation bereits zu großen Problemen beim Empfang von KW-Rundfunk führt. Ich selbst habe bisher zwei PLC-Installationen in meiner Nachbarschaft von der BNetzA stillegen lassen. Beim weitverbreiteten Homeplug-Standard ist der Signalpegel auf den Amateurfunkbändern abgesenkt mit Notchtiefen von typisch ca. 35 dB im Idealfall, d.h. ohne Intermodulation. In der Realität werden bei Auffüllung der Notches durch Intermodulation an nicht-linearen Bauteilen aber nur ca. 20 dB Notchtiefe erreicht.
Das
ausgemessene Signalspektrum eines handelsüblichen PLC- Modems ohne und mit Intermodulationsprodukten ist auf dem hier verlinkten Bild zu sehen (Quelle: RadCom, Februar 2010):  http://cq-cq.eu/PLC-Intermod.jpg
    
Außerhalb der Amateurbänder überschreitet das getestete PLC-Modem die Grenzwerte der EN 55022 um ca. 25 dB, innerhalb der Amateurbänder um max. 5 dB also knapp eine S-Stufe. Nehmen wir nun an, dieses Modem würde die neue EN 50561-1 ausschöpfen und somit außerhalb der Amateurbänder nochmals ca. 18 dB also 3 S-Stufen höhere Pegel erzeugen. Weil die Intermodulationsprodukte welche die Notches auffüllen von den Signalen außerhalb (!) der Notches erzeugt werden und um Zehnerpotenzen stärker sind als die abgesenkten Signale innerhalb der Notches, und weil durch um 18 dB stärkere Signale außerdem noch überproportional stärkere Intermodulationsprodukte erzeugt werden als bei diesem Beispiel, werden die realen Notchtiefen nach EN 50561-1 mit Sicherheit noch kleiner sein als auf dem Bild, also < 20 dB. Und das bedeutet innerhalb der Amateurbänder > 18 dB oder mehr als 3 S-Stufen höhere Störpegel als auf dem Bild und somit eine Überschreitung der Grenzwerte nach der alten EN 55022 um > 23 dB oder mehr 4 S-Stufen.
 
Mit anderen Worten: Bei Ausschöpfung der neuen EN 50561-1 ergäbe sich in einem realen Netz mit nichtlinearen Bauteilen eine Kurve, die mindestens ca. 18 dB oder 3 S-Stufen über der roten Kurve liegt und innerhalb der Amateurbänder sogar noch darüber !
 
Bei der Betrachtung des Betriebs eines PLC-Modems in einem realen Netz mit nichtlinearen Bauteilen ist also das Argumentieren mit theoretischen Notchtiefen von 43 dB pure Augenwischerei - und wer behauptet, diese neue Norm EN 50561-1 würde dem Amateurfunk nützen oder auch nur annähernd die Schutzziele der EN 55022 gewährleisten, ist entweder hintertrieben oder inkompetent.
 
DARC / RTA tun plötzlich so, als wäre das Intermodulationsproblem ein neuartiges Phänomen. Dabei ist es schon lange bekannt, wie das Bild aus der RadCom 2/2010 beweist. Und selbst die BNetzA, welche sich quasi "per order mufti" vom BMWi vehement für die EN 50561 einsetzt, kritisiert in diesem Kontext die Ignoranz der PLC-Industrie. So heißt es in einem Schreiben von Herrn Liebler (BNetzA) an den RTA vom 12.2.2014:
    "Was nun die Informationen von Ihrer Seite zur Wirkung von elektrischen und elektronischen Geräten mit 
    
nichtlinearen Kennlinien am Netz angeht, teile ich Ihre Auffassung nicht, dass es sich dabei um neuartige
     Phänomene handelt.
     Derartige Phänomene gäbe es schon immer und wird es vermutlich auch immer geben. Sie fielen bisher 
     jedoch nicht ins Gewicht, weil sich alle Industriebranchen an die abgestimmten und gegenseitig anerkannten
    Grenzwere für die zulässigen Störaussendungen aus elektrischen und elektronischen Geräten hielten.
    Die PLC-Industrie hat diesen Grundsatz nun durchbrochen und einseitig für PLC-Nutzsignale erleichterte
    Grenzwerte mit den bekannten Folgen (Auffüllen der Notches) durchgesetzt."
 
Thilo Kootz hatte in einem Interview  ("The RadCom Interview", RadCom 3/2010, S.66) sehr treffend festgestellt:
"At that time Germany was the only country that had a limit on power line emissions: actually a footnote, NB 30, to the  country's frequency usage laws. It specified the maximum emissions from a power line at 3m from near DC to about 200 MHz. Everyone has laws on emissions from things connected to power lines, but we had the only standard for the power lines themselves."
Er macht hier ausdrücklich klar, dass eine Netzwerknorm welche Grenzwerte für die Störstrahlung des PLC-Netzwerkes als ganzes festschreibt, wesentlich wichtiger ist für den Schutz der Funkdienste als eine Produktnorm, welche nur an eine Netznachbildung angeschlossene Geräte reglementiert - Schließlich erzeugen erst die im Netzwerk selbst vorhandenen Unsymmetrien die Störstrahlung und die nichtlinearen Bauteile die Intermodulationsprodukte, welche die Notches auffüllen !
Und genau diese
richtige Erkenntnis war die logische Grundlage für das Mandat M/313 der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2001, welches feststellt:
"Since the entry into force of the EMC Directive, a number of harmonised standards have been produced covering the electromagnetic compatibility of electrical and electronic appliances. No harmonised standards, however, have been developed covering the electromagnetic compatibility of fixed installations, such as, for instance, telecommunication networks. While this situation so far may have been satisfactory, such installations increasingly cause interference to radio services ..."
Es erteilt deshalb den Auftrag zur Entwicklung eines Satzes von EMV-Normen nicht für Geräte, sondern für Anlagen und im engeren Sinn für Telekommunikationsnetzwerke. Dabei wird ganz besonders klargestellt und hervorgehoben, dass dieses Mandat NICHT Normen für an diese Netzwerke angeschlossene Geräte betrifft ...
This mandate does not concern the preparation of harmonised standards relating to the electromagnetic compatibility of equipment to be connected to the networks ..."
... (die Worte "not" und "equipment" sind im Mandatstext tatsächlich
unterstrichen !) und außerdem wird direkt auf die NB30 Bezug genommen:
"They should take into account, whenever possible, existing European and international technical specifications already developed in this area (for instance, the values defined in EN 50083-8, Germany's NB 30 or the United Kingdom's enforcement standard MPT 1570)."
Die PLC-Industrie fürchtet natürlich solch eine Netzwerknorm,
denn sie will nicht die Verantwortung für die Unzulänglichkeit des eigentlichen Netzwerkes übernehmen. Deshalb hat die CENELEC dieses Mandat aus dem Jahr 2001 bis heute für PLC-Netze nicht erfüllt und stattdessen perfiderweise genau das getan, was vom Mandat M/313 ausdrücklich nicht beauftragt wurde - nämlich mit der EN 50561-1 eine neue Produktnorm ganz nach den Begehrlichkeiten der PLC-Industrie produziert - und der Europäischen Kommission zur Listung untergeschoben.
 
Thilo Kootz sitzt in den für diese Norm zuständigen Gremien der CENELEC und DKE. Im Auftrag des DARC hat er zwar in der DKE einmal gegen den Norm-Entwurf gestimmt, aber nur unter dem Druck seitens der DARC-Mitglieder, welcher sich nach der Publikation meines 2-teiligen Artikels aufgebaut hat - und in der Gewissheit, dass dieses negative Votum sowieso keine Auswirkung haben würde. In Wirklichkeit aber agiert Thilo Kootz im Namen des DARC immer noch pro EN 50561 und im "Stab Normen" herrschte nach ihrer illegitimen Listung als harmonisierte
Norm im Amtsblatt der EU große Freude. Eine neue Demonstration dieses doppelzüngigen und verlogenen Verhaltens gibt der DARC in der neuen CQ DL Ausgabe 5/2014 auf S.42 zum Besten, wo in einer Info zu meinem offenen Brief an Viviane Reding behauptet wird:
Der neue 'offene Brief' ergänzt die vom DARC e.V. betriebene Lobbyarbeit im Interesse der Funkamateure ..."
Diese Darstellung ist nicht nur ziemlich überheblich, sondern auch falsch:
Ich ergänze nicht die Arbeit des DARC, denn mein offener
Brief wendet sich sachlich begründet GEGEN die illegitime Norm EN 50561, während Thilo Kootz im Namen des DARC und gegen die Interessen der Funkamateure immer noch FÜR diese Norm arbeitet!

Weshalb hat er sich nicht für die Erfüllung des Mandats
M/313 und damit für eine solche Netzwerknorm stark gemacht, deren Stellenwert für den Schutz der Funkdienste er ja so gut kennt und erklärt hat ? Und wieso unterstützt er stattdessen sogar noch die Produktnormen
EN 50561-x, welche nicht mandatiert
wurden und deren Harmonisierung durch Listung im Amtsblatt der EU folglich unzulässig ist ?
 
Ich bin heute nicht mehr so blauäugig zu glauben, dass technische Vernunft irgendetwas verhindern könnte, was Profit verspricht.
Sie wurde längst durch blinden Noliberalismus verdrängt und mit der Aussicht auf das vielzitierte "Wachstum" (ich kann das Wort nicht mehr hören !) läßt sich heute jede politische Schweinerei rechtfertigen (siehe Freihandelsabkommen TTIP). Ich werde deshalb auch nicht mehr versuchen, bei meiner Arbeit gegen die EN 50561 auf technische Argumente zu bauen - die EU- Bürokraten verstehen sie sowieso nicht. Stattdessen bin ich fest entschlossen, diese Norm dadurch zu Fall zu bringen, dass ich die illegitimen Machenschaften innerhalb der CENELEC und der Europäischen Kommission bloßstelle, die zu ihrer Listung geführt haben.
Solche Sachverhalte verstehen auch Richter.
 
Frohe Ostern !
 
73
Karl, DJ5IL

(Formatiert und Tippfehler korrigiert von DM2FDO)